Freitag d. 6.2.98
Heute geht das ProWo los.
17:03h:
Ich kann es nicht fassen, wie ich noch irgendwie in diesem
vollgestopften Auto unterkommen soll. Eingekeilt zwischen Keyboards, Gitarrenverstärkern,
großen Reisetaschen (irgend jemand scheint der festen Überzeugung
gewesen zu sein, daß er Klamotten für 3 Wochen mitnehmen muß),
Schlafsäcken und Isomatten verbringe ich die zum Glück nicht
allzu lange Fahrt nach Liedolsheim in der Hoffnung, daß der Kleinwagen
auf der Fahrt nicht platzt.
17:27h:
Der Wagen ist nicht geplatzt. Wir sind da.
17:42h:
Tatsächlich trudeln nach und nach einige TEN SINGer
ein.
18:07h:
Das Abendessen ist lecker. Fies ist nur, daß Jimi
mir dauernd die Pizzabrote wegißt. Ich halte mich notgedrungen an
den Mais-Bohnen-Salat. Der ist auch irre lecker. Nach gewissenhaftem Test
(ist Salz im Zucker?) traue ich mich, meinen schwarzen Tee zu süßen.
Hätte ich vielleicht nicht tun sollen, da einige fürsorglich
Leute schon für eine anständige Menge Zucker in meiner Tasse
gesorgt haben. Trinke das pappsüße Getränk ohne die Miene
zu verziehen. Es soll ja nicht noch irgendwer daran einen Spaß haben.
18:53h:
Man sollte nie eine Lichtanlage und einen Computer an
einen Stromkreis hängen. Außer wenn man gerne im Dunkeln sitzt
und Computer neu startet. Edes Computer schien das allerdings nicht ganz
so witzig gefunden zu haben. Er will nicht mehr so ganz. Ede findet das
auch nicht witzig. Er bekommt so langsam Panik, weil die „Kontakte" (monatliches
Informationsheft des CVJM Karlsruhe) fertig werden müssen.
19:37h:
Der „Kreativarbeitsabend" wandelt sich früher als
erwartet zu einem Film- und Schwätzabend. Ich frage mich, ob es an
mangelnder Motivation oder aber an einem Überschuß an Genialität
und Routine der Leute liegt.
23:02h:
Abendgebet.
24:00h:
Nachtruhe. Ich hatte eigentlich immer etwas anderes unter
dem Wort „Ruhe" verstanden.
0:37h:
Nach diversen Kabellötsessions und anderen kleinen
Vorbereitungen kommen die Übriggebliebenen Nichtschläfer auf
die Idee, den eigens für diesen Zweck ausgeliehenen Mikrowellenherd
zu einer „Extreme Microwaving Session" anzuwerfen. Die Brot und Käsevorräte
schwinden in einem atemberaubenden Tempo.
Samstag, 7.2.98:
7:35h:
Wecker können so unbarmherzig sein. Dafür werden
die anderen mit den sanften Klängen von Enya geweckt.
8:00h:
Stille Zeit. Hat gut getan, obwohl so manch ein Gesicht
noch ziemlich verschlafen aussieht.
9:34h:
Chorprobe. Wie kann Holger eigentlich mit so viel Geduld
und so wenig Erfolg versuchen, die 30 müden, uninteressierten, trägen,
geschwätzigen, unmusikalischen, gehörlosen und penetranten Monster,
die ihm gegenüber im Chor sitzen, zu bändigen? Ich frage mich
immer wieder wie er das macht, ohne die Krise zu kriegen. Erstaunlicherweise
schaffen es die Monster innerhalb von nicht allzu langer Zeit etwas zu
singen, das entfernte Ähnlichkeit mit „Like A Prayer" von Madonna
hat.
11:13h:
Mit dreizehn Minuten Verspätung beginnt die erste
Workshopeinheit.
14:30h:
Die Leute scheinen nach Mittagessen und Mittagspause
hoch motiviert zu sein. Den gesamten Nachmittag - nur unterbrochen von
einer Kaffeepause - wird eifrig an den Tänzen, Liedern und Theaterszenen
gefeilt. So sieht es jedenfalls für mich aus. Mal sehen, was die einzelnen
Workshops heute abend vorzustellen haben.
17.43h:
Da der ganze Nachmittag bei der Arbeit in den einzelnen
Workshops verbracht wurde, wird jetzt lautstark nach einer Chorprobe verlangt.
Stimmung ganz gut.
19:37h:
Der Abend beginnt mit einer Theaterszene (zum Glück
gibt es Textblätter) und einem Tanz. Sehr beeindruckend, selbst wenn
beim Theater ab und zu der Text fehlt. Ich fange so langsam an zu glauben,
daß wir beim Konzert etwas vorzuführen haben.
20:12h:
Nachdem alle mit Getränken versorgt worden sind,
gibt es zu Entspannung einen Film. Es fällt während des Filmes
wieder einmal der Strom aus. Ede, der am Computer sitzt, fängt an
zu verzweifeln. Wird es diesen Monat die „Kontakte" geben? Ich komme zu
der Überzeugung, daß die Stromversorgung bei der Auswahl der
Gemeindehäuser in Betracht gezogen werden muß, da sonst über
kurz oder lang mal ein Dorf wegen TEN SING im Dunkeln steht. Muß
unbedingt in Erfahrung bringen, ob es in Phillipsburg ein Gemeindehaus
gibt.
Sonntag 8.2.98
8:03h:
Das Wecken mit der sanften Musik hat heute aus einem
mir nicht ganz erklärbaren Grund nicht viel Erfolg gezeigt. Nach einer
freundlichen Diskussion sind dann aber alle sofort bereit, ihren Schlafsack
zu verlassen.
8:05h:
Komisch. Heute sind weniger Leute zu der Stillen Zeit
gekommen.
8:33h:
Beim Frühstück gibt es heute grüne und
rote Milch. Man könnte sich dran gewöhnen. Nach kurzer Umstellungszeit
sieht die von schwächeren Gemütern eilends besorgte weiße
Milch ziemlich blaß und ungesund aus.
9:32h:
Gottesdienst zum Thema: „Der Mensch sieht auf das, was
vor Augen ist, aber der Herr sieht auf das Herz." Die Offenheit von vielen
ist ermutigend. Habe einiges aus dem Gottesdienst mitgenommen.
11.23h:
Warum fangen Chorproben eigentlich nie pünktlich
an? Da heute vormittag die Band mitspielt, kommt bei einigen Liedern auf
einmal richtig Stimmung auf. Wir gehen fast das gesamte bis jetzt gelernte
Material durch. Die Band hat einige Aussetzer, die geschickt durch Einsätze
des Sequencers überspielt werden.
13:00h:
Mittagessen: Trotz größtem Appetit und bester
Kochkunst wollen die schätzungsweise 300kg Schinkennudeln nicht verschwinden,
obwohl immer wieder riesige Mengen auf den Tellern landen. Begeisterungsschübe
löst der Nachtisch aus, der aus Milchreis besteht und sich jeweils
als ganzes Stück aus dem Schälchen nehmen läßt. Habe
noch nie zuvor von Milchreis abgebissen. Lecker. Dickes Dankeschön
an das Küchenteam. Die drei Gastarbeiter aus Berghausen werden dann
auch ganz spontan für das nächste ProWo angefragt.
13:28h:
Nach dem Mittagessen bricht die große Panik aus:
Hausputz. Da niemand von einer Aufgabe verschont bleibt, summt es bald
im ganzen Haus. So manche Mutter würde feuchte Augen bekommen, wenn
sie zusehen würde. Nach kurzer Zeit sieht das Haus wieder wie ein
sauberes ordentliches Gemeindehaus und nicht wie ein TEN SING - ProWo -
Chaos aus.
16:07h:
Bin wieder zu Hause. Vermisse den übliche ProWo
- Krach (ein Gitarrist, zwei Keyboarder und ein Schlagzeuger üben
gleichzeitig an verschiedenen Liedern, während über die Beschallungsanlage
eine Toto-CD läuft). Vermisse die Leute. Bin froh, auf dem ProWo gewesen
zu sein, weil man wieder ein paar Leute wesentlich besser kennengelernt
hat.